Eine zweite Chance für Textilien

Seit Jahren schon wandelt die Upcyclingmanufaktur Bridge&Tunnel Textilabfälle in hochwertige Design-Unikate um und schafft so Arbeitsplätze für benachteiligte Frauen. Mithilfe des Förderprogramms InnoImpact der IFB Innovationsstarter GmbH baut das Social Business aus Wilhelmsburg einen neuen Geschäftszweig auf: einen textilen Repair-Service mit Impact.

Die Gründerinnen Dr. Constanze Klotz und Hanna Charlotte Erhorn stehen vor einem Regal mit Jeans

„Wir wollen“, beschreibt Dr. Constanze Klotz die Haltung von Bridge&Tunnel, „lieber Teil der Lösung als Teil des Problems sein.“ Und das Problem ist enorm: Die Textilberge wachsen und wachsen, weltweit wurden im Jahr 2023 rund 260 Millionen Tonnen Neuware vernichtet, darunter auch viele Retouren. „Wir verstehen uns als Textilretter*innen. Was für andere Müll ist, sind für uns wertvolle Ressourcen“, sagt die Co-Gründerin des Sozialunternehmens.

In Europa soll mit der textilen Vernichtung von Neuware bald Schluss sein, so sieht es eine Direktive der EU im Rahmen des „Green Deals“ vor, mit der die Kreislaufwirtschaft gestärkt werden soll. Bridge&Tunnel will sie nutzen, um den Unternehmen ein Reparatur-Angebot zu machen. Dabei geht es etwa um kleine Mängel durch Verschleiß wie kaputte Nähte oder Reißverschlüsse oder auch minimale Fehler bei Neuwaren. „Eine Reparatur ist oft total sinnvoll, um eine Vernichtung zu vermeiden und Textilien länger im Kreislauf zu halten“, meint Klotz. Kürzlich hat die Manufaktur etwa Strickstirnbänder gekürzt, die zu lang geraten waren, oder bei neuen Jeans die Logos ausgetauscht.

„Re.Vive“ nennt Bridge&Tunnel den Repair-Service, der mit der Förderung durch die IFB Innovationsstarter in Höhe von 75.000 Euro aufgebaut werden soll. „Wir können jetzt unsere Strukturen anpassen und unser multinationales Team schulen. Über die Unterstützung sind wir total glücklich“, sagt Klotz, die davon überzeugt ist, das Re.Vive für Unternehmen schon aus Gründen der Nachhaltigkeit und Kundenbindung attraktiv ist.

Im Rahmen des Programms InnoImpact fördern die IFB Innovationsstarter, eine Tochtergesellschaft der IFB Hamburg, gemeinwohlorientierte Startups aller Branchen, die einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher, sozialer oder ökologischer Herausforderungen leisten und für die eine begründete Aussicht auf Erfolg besteht. Sie erhalten für maximal 18 Monate einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 2.500 Euro pro Monat und Gründer*in, begrenzt auf den Höchstbetrag von 75.000 Euro.

Drei Frauen arbeiten in der Textilmanufaktur

Nicht nur einen ökologischen, auch einen sozialen Mehrwert bietet die Manufaktur, die 2015 zunächst als Co-Working-Space für mit Textilien arbeitende Menschen in Wilhelmsburg von Constanze Klotz und Hanna Charlotte Erhorn gegründet wurde. Daraus wurde ein eigenes, vielfach ausgezeichnetes Label. Das 12-köpfige Team besteht ausschließlich aus Frauen, die bedingt durch Alter, Gehörlosigkeit, Fluchtbiografie oder fehlende Zeugnisse Schwierigkeiten haben, auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Job zu finden. „Talents over diploma“ lautet das Credo der Manufaktur, die auch an Schulen für mehr Bewusstsein beim Kleidungs-Konsum wirbt.

Das Upcycling, das Verwandeln von textilen Resten wie Werbematerialien, textile Überhänge oder auch Retouren in neue Designs, die im eigenen Online-Shop zu haben sind oder von den Unternehmenskunden direkt vertrieben wurden, war bislang der Schwerpunkt der Manufaktur. Durch den Repair-Service kommt ein weiteres Standbein hinzu. „Wir wollen“, sagt Constanze Klotz, „dass noch mehr Textilien und Menschen eine zweite Chance bekommen.“

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Bild Credits:

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