Schiffsrumpfinspektion per Drohne und KI

Marine fouling, also der Bewuchs an Schiffsrümpfen, führt zu höheren Treibstoffverbräuchen und Emissionen. Bislang überprüften Taucherinnen und Taucher aufwendig die Schiffsrümpfe, künftig könnten Tauchdrohnen dies übernehmen, und zwar effizienter und kostengünstiger als der Mensch. In einer Machbarkeitsstudie (Green Potential Screening), gefördert von der IFB Hamburg, will das Beratungsunternehmen Stein Maritime Consulting das Potenzial von Tauchdrohnen in Kombination mit bildverarbeitender Künstlicher Intelligenz (KI) für diese Aufgaben nachweisen.

Von einem „bedeutenden Moment für die Digitalisierung der Schifffahrt“, sprach Manuel Martin, Flottenmanager bei Scandlines. Erstmals in der Geschichte der Schifffahrt erteilte der TÜV für Schiffe einem Fahrgastschiff eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, dessen Rumpf zuvor mit einer ferngesteuerten Unterwasserdrohne, einem „Remotly Operated Vehicle“ (ROV), überprüft worden war. Das war im September 2023 in Puttgarden auf Fehmarn. Durchgeführt hatte den Unterwasser-Check Stein Maritime Consulting. „Das Zeitalter der ROV ist jetzt auch in der Schifffahrt angebrochen“, sagt Michael Stein, Gründer des Beratungsunternehmens.

Michael Stein, Manuel Martin und Laurent Decu nach dem ersten erfolgreichen Einsatz einer Unterwasserdrohne bei der Rumpfinspektion

Der Bewuchs mit Algen und Pocken erhöht den Reibungswiderstand des Rumpfes und damit auch den Treibstoffverbrauch und die Emissionen. Erste Studien beziffern diesen Mehrverbrauch auf 5 bis 20 Prozent, je nach Fahrtroute, Schiffstyp und Größe der Organismen. Der Druck auf Reedereien, ihre Seeschiffe umweltverträglich einzusetzen, wächst stetig. Erste Länder wie Australien verbieten bereits Schiffsanläufe, wenn diese nicht vor Einlauf auf Fremdorganismen inspiziert wurden. Weitere Länder diskutieren diesen regulatorischen Ansatz.

Das genaue Einsparpotenzial von Treibstoff und Emissionen will Stein nun in einer Machbarkeitsstudie mithilfe der ROV und von KI ermitteln. Die KI analysiert die von den Drohnen gelieferten Bilder, erkennt die Art des Bewuchses am Schiffsrumpf, dessen Ausbreitung und setzt die Daten in Bezug zur Route des Schiffes sowie zu externen Bio- und Wetterfaktoren. Erklärtes Ziel ist eine datengetriebene Risikoabschätzung für das marine fouling und das Flottenmanagement von Schiffen.

Für seine Tests nutzt Stein handelsübliche, acht Kilogramm schwere Tauchdrohnen, die per Kabel mit Strom versorgt werden. Mit an Bord bei der Studie sind spezialisierte Fachunternehmen und Wissenschaftler der Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien (IAPT) mit Sitz in Bergedorf. 

Innovative Technologien wie die Tauchdrohnen, die zur Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen führen können und einen positiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten, unterstützt die IFB Hamburg mit ihrem Programm PROFI Umwelt. Einzelprojekte können Zuschüsse bis zu 500.000 Euro, Kooperationsprojekte bis zu 1 Millionen Euro erhalten. „Dass die IFB Hamburg neue Ideen unterstützt, ist ein absolut positives und ermutigendes Signal“, findet Stein.

Im September 2025 läuft die Förderung der Machbarkeitsstudie unter dem Förderaufruf Green Potential Screening aus, schon jetzt zeichnen sich Folgeprojekte ab, insbesondere was die Nutzung von KI betrifft. Stein möchte Ideen ausarbeiten, für Schlagworte wie automatisierte Etikettierung (labeling) von Testdaten, Synthetisierung von Unterwasserdaten, neuronales Strahlungsfeld (neural radience fields, NerF) – eine KI-Methode zur Rekonstruktion von 3D-Darstellungen aus 2D-Bildern, 3D-Projektion von Rauhigkeitsfeldern auf 3D-Schiffshüllen, numerische Strömungsmechanik (condition-based computational fluid dynamic, CFD), und der Einsatz von KI-Agenten zur Datenverarbeitung.

Der gelernte Schifffahrtskaufmann möchte die Technologie am Hafenstandort Hamburg etablieren. „Das ist ein weltweiter Markt. Die Stadt kann hier zum Vorreiter werden und demonstrieren, dass hanseatische Tradition und der Einsatz von modernsten Technologien Hand in Hand gehen.“

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