Katalysatoren der Zukunft: Kunstdünger klimafreundlicher produzieren

Bei der industriellen Herstellung von synthetischen Düngemitteln entsteht als unerwünschtes Nebenprodukt Lachgas, ein starkes Treibhausgas. Gefördert von der IFB Hamburg haben das Unternehmen Reacnostics und die Technische Universität Hamburg (TUHH) ein Verfahren entwickelt, das den Ausstoß des klimaschädlichen Gases erheblich reduziert – und zudem noch wirtschaftlicher ist.

Wilhelm Ostwald erhielt für seine Forschung zur Herstellung von Salpetersäure durch katalytische Oxidation von Ammoniak 1909 den Nobelpreis in Chemie. Seine Entdeckung vor mehr als einem Jahrhundert ermöglichte die Herstellung von Kunstdüngern, ohne die die moderne Nahrungsmittelproduktion für eine wachsende Weltbevölkerung nicht möglich wäre. Das Problem: Bei der Produktion entstehen enorme Mengen Lachgas, geschätzt 500.000 Tonnen pro Jahr. Und dessen Klimawirkung ist rund 270-mal stärker als die von CO2.

CEO von Reacnostics, Michael Schmidt

Die Menge an Lachgas bei der Produktion von Kunstdüngern zu minimieren, ist das zentrale Ziel eines Forschungsprojekts namens KISKAT von Reacnostics und der TUHH. Das 2017 als Ausgründung der TUHH etablierte Unternehmen mit seinen inzwischen 20 Mitarbeitenden entwickelt und baut chemische Forschungsreaktoren zur Untersuchung katalytischer Prozesse. „Unsere Kunden sind Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus der klassischen Chemie“, erläutert Geschäftsführer Michael Schmidt, der wie Professor Dr. Raimund Horn, Leiter des Instituts für Chemische Reaktionstechnik an der TUHH, einer der Gründer von Reacnostics ist. Das Trio komplett macht Dr. Oliver Korup, Head of Engineering.
 
Auch bei KISKAT, dem KI-basierten Screening von neuen Katalysatoren zur Reduktion von Treibhausgasen, arbeiten die Partner eng zusammen. „Wir haben versucht, mithilfe von Computersimulationen und künstlicher Intelligenz neue Katalysatormaterialien und Legierungen zu finden, bei deren Nutzung Lachgas vermieden oder zumindest erheblich reduziert wird“, erzählt der Wirtschaftsinformatiker Michael Schmidt. Diese Materialien wurden dann nach Vorgabe von Reacnostics angefertigt und von der TUHH in einem weltweit einzigartigen und patentierten Messverfahren daraufhin überprüft, ob sie auch in der Praxis bestand haben. Zwar laufen letzte Testversuche noch, aber die Ergebnisse seien sehr positiv, meint Schmidt. 

Mit einer Summe von insgesamt 125.000 Euro hat die IFB Hamburg die Machbarkeitsuntersuchung im Rahmen von PROFI Umwelt unterstützt. Mit diesem Programm werden Unternehmen jeglicher Größe und Technologiefelder gefördert, sofern ihr Projekt einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leistet, wie z.B. die Ressourcen- und Materialeffizienz verbessert. Für Einzelprojekte stehen unter PROFI Umwelt bis zu 500.000 Euro, für Kooperationsprojekte bis zu 1 Million Euro zur Verfügung. „KISKAT hat auch deshalb für uns eine große Bedeutung, weil wir uns mit den Erkenntnissen ein weiteres Standbein aufbauen wollen“, sagt Schmidt. „Die Förderung hat die Entwicklung erheblich beschleunigt. Wir konnten Ressourcen einsetzten, die wir nicht aus dem laufenden Geschäft finanzieren mussten.“

Weil KISKAT so erfolgreich war, haben Reacnostics und die TUHH ein Folgeprojekt gestartet, gefördert vom Bundesforschungsministerium. Diesmal geht es darum, die Haltbarkeit und Stabilität der Katalysatornetze, durch die das Gas strömt und mit denen es reagiert, zu verbessern. Diese aus Edelmetallen bestehenden Verbindungen korrodieren mit der Zeit und müssen etwa nach einem halben Jahr ausgewechselt werden. „Die Laufzeit der Anlagen deutlich zu erhöhen, ist nicht nur aus Umweltgesichtspunkten interessant, sondern hat auch für die Industrie eine große Bedeutung“, sagt Michael Schmidt.

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